In meinem jüngsten Beitrag über die Arthrose-Behandlung habe ich die Blutegeltherapie angesprochen. Die Hintergründe dazu sind super interessant, weswegen ich heute näher darauf eingehe.

Früher heiß es häufig „Igitt…“ – Heute ist vielen Tierhaltern die Blutegeltherapie bekannt. Die heilende Wirkung der Egel entfaltet sich bei Hunde unter anderem bei Arthrosen und Rückenerkrankungen. Bei Pferden werden häufig Sehnenverletzungen und Knochenhautentzündungen therapiert. Auch ältere Beschwerden können durchaus auf diese Therapie ansprechen, eventuell in Kombination mit anderen Heilmethoden wie Homöopathie, Lasertherapie oder Akupunktur.

Die Stelle, an der der Egel heilen soll, wird vorher freirasiert

Was passiert beim Egel-Einsatz: Die Stelle, an der der Blutsauger seine Heilkräfte zum Einsatz bringen soll, wird rasiert und mit klarem Wasser gereinigt. Desinfektionsmittel und Seifen sind tabu, da Hirudo officinalis, so sein wissenschaftlicher Name, auf künstliche Gerüche mit Streik reagiert. Es ist aber gar nicht nötig, das Areal zu desinfizieren, denn so ein Blutegel ist eine saubere Sache: Zum Einen werden nur für diesen Zweck gezüchtete oder gehälterte Egel eingesetzt, diese haben in den Monaten zuvor ausschließlich Rinder- oder Schweineblut aus kontrollierter biologischer Tierhaltung genossen. Zum Anderen sorgt der Blutegel schon durch seine Arbeit dafür, dass es zu keiner Infektion kommen kann.

Ist die Körperstelle vorbereitet, setzt man den Egel an. Hungrig wie er ist, wird er ziemlich schnell seine drei sternförmig angeordneten Kiefer in sein Opfer hineinsägen. Das ist eine beinahe schmerzlose Prozedur, nur ab und zu ein leises Ziepen spürt der Patient. Die meisten Vierbeiner, ob Hund oder Pferd, nehmen dies gelassen hin. In die so entstandene Hautläsion spritzt der Egel nun seinen speziellen Speichelcocktail, der unter anderem den Gerinnungshemmer Hirudin enthält und Calin, das den Verschluss der Wunde für rund 12 Stunden verhindert. 20 bis 60 Minuten dauert die Mahlzeit des Egels, dann lässt er von seinem Opfer ab. Jetzt blutet die Wunde noch bis zu 16 Stunden nach, was den therapeutischen Effekt verstärkt.

Die Nachblutung ebenso wie verschiedene entzündungshemmende Substanzen im Egel-Speichel schließen eine Infektion der Wunde aus. Der heilsame Effekt beruht auf die Blutentnahme und die damit verbundene bessere Durchblutung des lokalen Gewebes, aber mehr noch auf die therapeutische Wirkung durch die Proteine im Speichelsekret des Egels. Neben den bereits genannten finden sich Eglin und Bdellin, die antiphlogistisch wirken, dazu Hyaluronidase, das unter anderem eine antibiotische Wirkung hat, und noch verschiedene Hilfsstoffe.

Am Pferd setzt man Egel häufig bei Sehnenproblemen ein

Selbstverständlich können arthrotische Veränderungen eines Gelenkes durch einen Blutegel nicht repariert werden. Die den Schmerz verursachende Entzündung aber kann durch richtigen Einsatz von Hirudo officinalis für Monate und sogar Jahre gestoppt werden – was eine lange Zeit Schmerzfreiheit ohne Nebenwirkungen bedeutet. Treten die Beschwerden wieder auf, kann die Egeltherapie problemlos wiederholt werden. Auch bei einem anfänglichen Teilerfolg ist es ratsam, nach einigen Wochen die Prozedur zu wiederholen, der positive Effekt wird sich verstärken.

Ein Egel saugt kaum mehr als 20 ml Blut, durch die Folgeblutung geht noch einmal die gleiche Menge weg. Somit besteht keine Gefahr, dass der Patient verblutet, es sei denn, er wiegt deutlich weniger als 7 Kilo. Katzen und kleinsten Hunden ist daher die heilsame Wirkung des Egelbisses verwehrt. Bei großen Hunden und natürlich besonders bei Pferden setzt man mehrere Egel ein. Die Zahl ist abhängig von der Indikation.

Hinweis: Die Blutegeltherapie darf an Tieren nur nach tierärztlicher Verordnung durchgeführt werden.

Lange Schmerzfreiheit durch Blutegel